Die Balkone –Scratching the Surface × SONDERLAGE
Als Beitrag zu "Die Balkone" können wir Werke der Künstlerin Irène Hug und die Filmpremiere von DIE ENDLICHKEIT DER FREIHEIT BERLIN 1990 von Sarah Alberti und Grischa Meyer willkommen heißen. SONDERLAGE ist als eine fünfteilige Ausstellungsreihe konzipiert, die von Pierre Granoux, Wayra Schübel und Sarie Nijboer durchgeführt wird.
Mit diesem temporären Gastbeitrag für Die Balkone wird ein nahtloses Wechselspiel mit der aktuell gezeigten Ausstellung SONDERLAGE 3 / 5 geschaffen, die den Anspruch formuliert: "Worte sind nicht mehr als Bilder von Dingen"
Irène Hug – SENSATION & REFLECTION
Irène Hugs Werk SENSATION & REFLECTION muss erst aufgespürt werden. Anschließend gilt es, zu dechiffrieren, und was dann folgt, ist ein Aufschluss über die Frage, welche Gedanken angestoßen werden soll oder können. Auf den ersten Blick sieht es aus wie eine Leuchtreklame, das zwischen ihresgleichen platziert ist, obwohl es nicht darauf abzielt, Konsuminteresse zu wecken. Unter SENSATION ist das Wahrnehmen mit allen Sinnen gemeint, kann aber auch als besonderer Genuss oder sogar als Feier verstanden werden. Locke vertrat die Ansicht, dass der Verstand keine verinnerlichten Ideen hat und daher unsere Sinneswahrnehmungen die einzige Erkenntnis ist, die wir haben können. Im Gegenzug kann der Begriff der Reflexion physikalisch im Sinne des Zurückwerfens von Gedankenwellen oder des Nachdenkens über etwas verstanden werden. Es ist eine Funktion, die der Verstand ausführt. Sprache, Schrift und Text ziehen sich wie ein roter Faden durch das Werk von Irène Hug. Sie spielt oft mit der Bedeutung sowie den typografischen Formen von Zeichen, Logos und Werbeslogans. Sie tut dies, indem sie sich vorgefundene Materialien aneignet, umarbeitet oder wiederverwendet und sie in Leuchtkästen, Installationen, Fotografien (die sie oft manipuliert), Objekte, (Holz-)Skulpturen u. a. verwandelt. Die Arbeiten werden zu temporären Platzierungen an Wänden und Gebäuden, während sie den bestehenden Gegebenheiten eine neue Bedeutung verleihen. Auf diese Weise hinterfragt die Künstlerin unsere Verstrickungen in den alltäglichen Konsum und fordert uns heraus, die wahre Bedeutung von Dingen und Worten hinter der Oberfläche zu verstehen.
Sarah Alberti & Grischa Meyer – GIOVANNI ANSELMO: PARTICOLARE in Prenzlauer Berg / DIE ENDLICHKEIT DER FREIHEIT BERLIN 1990 (Filmpremiere 2021)
1990 wurde im Stadtbad Prenzlauer Berg in Berlin die Ausstellung Die Endlichkeit der Freiheit eröffnet, ein einzigartiges Ausstellungs- wie kulturpolitisches Groß-Projekt der politischen Wendezeit. Einer der beteiligten Künstler, Giovanni Anselmo (1934), entschied sich gegen den öffentlichen Raum und verwandelte zwei Innenräume in einen White Cube: In Ost-Berlin nutzte er die Wohnung des Grafik-Designers Grischa Meyer, in der dritten Etage der Pasteurstraße 40 im Stadtteil Prenzlauer Berg. Alle Möbel wurden aus dem Zimmer geräumt. In weißen Versalien wurde das Wort PARTICOLARE auf Wände, Fußleisten projiziert, die im wahrsten Wortsinn Teil des Werkes wurden. Das Lichtbild traf auf unscheinbare Details und brach sich an den Besucherinnen, die in den Strahlengang der Projektion traten. Die Arbeit verweist auf die besondere politische Situation, die sich in diesen einschreibt.
Grischa Meyer verantworte 1990 das grafische Erscheinungsbild des Ausstellungsprojektes und stellte Giovanni Anselmo seine Privatwohnung im Prenzlauer Berg zur Verfügung. Gemeinsam mit der Kunsthistorikerin und Journalistin Sarah Alberti, die das Projekt im Rahmen ihrer Promotion anhand von Archivmaterialen und Zeitzeugeninterviews rekonstruiert hat, erinnert er sich am originalen Ausstellungsort an den Sommer 1990. Bis Ende März 2021 lebte er in der Wohnung, in der noch 31 Jahre später Bohrlöcher von Anselmos Installation zeugen. Dem Ausstellungstitel „Die Endlichkeit der Freiheit“ wie die Installation von Giovanni Anselmo kam im Zuge der Corona-Pandemie ungeahnte Aktualität zu, ebenso dem Rückzug in die Wohnung.
![Giovanni Anselmo PARTICOLARE Die Endlichkeit der Freiheit Berlin 1990 Rekonstruktion 2021 Foto Martin Gasch.jpeg](https://images.squarespace-cdn.com/content/v1/5c33860396e76fff27bc5e0d/1619629286047-3PV6OYU0LUKGAREBEFLH/Giovanni+Anselmo+PARTICOLARE+Die+Endlichkeit+der+Freiheit+Berlin+1990+Rekonstruktion+2021+Foto+Martin+Gasch.jpeg)
![3740c70634aa4fa6.jpg](https://images.squarespace-cdn.com/content/v1/5c33860396e76fff27bc5e0d/1619629350602-LABQ41SW3RAMN2S182X8/3740c70634aa4fa6.jpg)
![94ea576812cf4bac (1).jpg](https://images.squarespace-cdn.com/content/v1/5c33860396e76fff27bc5e0d/1619629352647-QW5XSD2XGNHDXNOGUDH9/94ea576812cf4bac+%281%29.jpg)
Sarah Alberti & Grischa Meyer
GIOVANNI ANSELMO: PARTICOLARE in Prenzlauer Berg / DIE ENDLICHKEIT DER FREIHEIT BERLIN 1990 – 2021
HD-Video 34:04 min color, sound German w/ German + English Subtitles
Irène Hug
Sensation and Reflection, 2015
Fundstück mit ausgewechselter Frontseite, Plexiglas, Folie
LAGE EGAL [GW34/35] Greifswalderstr 34, 10405 Berlin
Termine nur nach Vereinbarung und mit Mund-Nasen-Schutz.
Kontakt: Pierre Granoux
+49 173 1807226
sonderlage@lage-egal.net
www-lage-egal.net
Instagram
@lage__egal
@pierre___granoux
SONDERLAGE
kuratiert von Pierre Granoux (Direktor LAGE EGAL), Wayra Schübel. Unterstützt durch Sarie Nijboer (kuratorische Assistenz) und Michelle Rojkov (Projektassistenz).
Gefördert durch die Stiftung Kunstfonds und NEUSTART KULTUR